Pilze gibt es reichlich dieses Jahr. Ich bücke mich außerdem nach den Scherben einer geblümten Vase, einem zerbrochenen Lampenschirm aus Glas, einem emaillierten Milchkannendeckel, einem Tennisnetz, einer Tomate, einem Knochen, einer versprengten Kastanie, einem Styroporbecher, etlichen Flaschen und dem verrosteten Rahmen eines, wie ich vermute, ehemals nützlichen Gegenstandes. Seine Beschreibung will ich mir ersparen, unnütz wären die Worte. Nur soviel: Er paßt zum Deckel.

Aus der Tiefe des Waldes dringt Musik; es sind ferne, einsame, stolze Dudelsackklänge.
Da brauche ich mich wenigstens nicht zu bücken!

30. August

Liebe Natalie,
heute nachmittag, als unsere Mägen zu knurren begannen wie eine Horde munterer Welpen … nein warte, ich fang noch mal von vorne an.
Heute nachmittag, als wir die Kühlschranktür öffneten, um zu sehen, ob es da drinnen wirklich genauso leer war wie … nein, warte, nochmal. Jetzt wird es spannend.
Also, heute nachmittag, als die Sonne golden schien … überkam uns alle ein Heißhunger auf gebratene Steinpilze mit Rahmsoße, Röstkartoffeln und grünem Salat, und zum Nachtisch stellten wir uns Schokoladeneis vor.
Das klingt fast schon so, wie es wirklich gewesen ist.
Und so schwang ich mich kurz entschlossen auf mein Fahrrad, und anstatt ins Dorf abzubiegen, fuhr ich hinaus auf die Landstraße und direkt in den Wald. Dort gibt es nämlich eine bestimmte Stelle … aber die verrate ich hier nicht!
Es hätte auch niemandem etwas genützt, denn da war kein einziger Steinpilz weit und breit. Da war nicht einmal ein einziger, halbvertrockneter Maronenröhrling. Es gab nur Moos und grünes Gras, Tannenzapfen, Krähenfedern und abgebrochene Äste, und einen verrosteten Eimer.
Vielleicht gab es wenigstens Schokoladeneis im Wald?
Ich überlegte, ob die Rahmsoße auch zu dem Schokoladeneis passen würde. Und als ich so in Gedanken vor mich hinging, sah ich plötzlich einen Pilz. Er war gelb. Er war viereckig. Und er war ganz flach.
“So ein komischer Pilz”, dachte ich. Ich beugte mich hinunter. Der Pilz war über einen alten Ast gebreitet wie ein nasses Taschentuch. Ich beugte mich noch tiefer. Er hatte viele kleine Buchstaben auf seiner Oberseite. Und diese kleinen Buchstaben winkten mir zu und sprangen dabei ganz aufgeregt hin und her.
“Hier, hier, hier!” riefen sie. “Wir sind hie-eeer! Nimm uns mii-iiit!”
Und das tat ich.
Ich vergaß das Schokoladeneis, die Rahmsoße und die Bratkartoffeln. Ich hätte sogar beinahe vergessen, noch schnell zum Laden zu fahren. Der Kühlschrank war nämlich immer noch leer. Und vor lauter Erzählen vergaß ich beinah zu essen.
Es gab es Mohrenköpfe mit Fisch und Rote-Grütze-Salat, und zum Nachtisch Pellkartoffeln … und die sahen alle ein bißchen aus wie verschrumpelte, aber weitgereiste Luftballons.
Fast genauso ist es gewesen.
Aber den komischen gelben Pilz … den haben wir nicht gegessen. Vielleicht weißt du, was wir mit ihm gemacht haben?

Viele herzliche Grüsse, und hoffentlich hast du einen Preis gewonnen!